Eine Verlobung mal ganz anders
- Micha Münzel
- 23. Okt. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. Juli 2023
Der Mann lädt seine Freundin zum Essen ein und nach einem romantischen Abend kniet der Mann vor der Frau nieder. Im besten Falle sind die beiden ab dann verlobt. So würde es in Deutschland vielleicht ablaufen, doch in Uganda… da funktioniert das leider nicht so einfach. Möchte ein Mann seine Frau heiraten, schreibt er einen Brief an den Vater der Gegenseite und erbittet, seine Tochter heiraten zu dürfen. Erlaubt der Vater dies, lädt der Mann die Familie zu der „Introduction“ ein. Die Tante gilt dabei als Vermittlung zwischen den zwei Familien und hilft mit, dieses große Fest zu organisieren. Diese Feier beinhaltet viele Rituale und traditionelle Abläufe und dauert insgesamt bis zu 6 Stunden.
Wir wurden eingeladen, bei solch einer Introduction mit dabei zu sein und natürlich sagten wir gerne zu! Auch wenn Big John uns ein paar Tage vorher ein wenig über die Abläufe dieser Tradition erzählt hat, wissen wir nicht wirklich, was auf uns zukommen wird.
Wir begeben uns auf eine dreistündige Autofahrt und sammeln unterwegs Naomi und Annika, unsere deutschen Freunde, ein. Als wir ankommen, hören wir schon von weitem die laute durchdringende Musik und sehen ein paar weiße Zelte aufgebaut. Wir vier Freiwilligen steigen aus dem Auto aus und laufen in eines der Gebäude neben der Feier, um uns umzuziehen. Ich bemerke, dass bereits schätzungsweise 150 Gäste eingetroffen sind, die gespannt auf den Bräutigam und seine Frau warten. Ich ziehe meinen Kanzu an, der aus einem langen weißen Gewand und einem Sakko besteht, so wie es die Tradition bei den Männern ist. Die drei Damen tragen eine Gomesi. Dieses traditionelle bunte Kleid zeichnet sich besonders durch die bewusst hochgesteckten Schultern aus (siehe Bilder).

Wir warten mit Christine, unserer Mentorin, zusammen in einem kleinen Zimmer und sind dort für die erste Zeit. Durch ein Fenster können wir den Platz, auf dem sich alles abspielt, beobachten. „Die vier weißen Zelte, die hier aufgebaut sind, sind für die Gäste“, erzählt uns Christine. „Links für die Seite des Bräutigam und rechts für die Freunde und Familie der Frau.“ Immer wieder kommen ein paar Menschen in die Mitte des Platzes vorgelaufen und fangen an zu tanzen. Währenddessen unterhalten sich zwei Männer lautstark durch ein Mikrofon. Es sind Vertreter - von jeder Seite einer. Diese kommentieren das ganze Geschehen und batteln gegeneinander. Was genau sie reden, verstehen wir leider nicht, doch Christine erzählt uns, dass jeder einzelne Gast, der bei der Feier dabei sein möchte, einmal vortreten muss. Aus diesem Grund sieht man immer wieder kleinere Gruppen tanzend zu der Musik einlaufen, die anschließend vor den Zelten niederknien. Der Vertreter fragt den Bräutigam, ob seine zukünftige Frau dabei ist, denn der „sucht seine Braut“. Man könnte das ganze auch gut mit einem Theaterstück oder ähnlichem vergleichen. Der Mann verneint und erlaubt den Gästen anschließend, Platz zu nehmen, um seine Braut in der nächsten Gruppe zu suchen. So vergehen einige Stunden.

Als ein Großteil vorgetreten ist, gibt es eine kleine Pause und das Buffet zum Essen wird eröffnet. Selbstverständlich, denn hier in Uganda zeigt man seine Gastfreundschaft besonders mit Essen. Die zwei Gruppen in ihren Zelten essen getrennt, denn die Familien dürfen sich ja auf keinen Fall vermischen, solange der Bräutigam seine Frau noch nicht gefunden hat! Nachdem eine weitere Stunde vorüber ist, kommen die restlichen Gäste, die auch wieder tanzen, sich vorstellen und von einem Vertreter einige Fragen gestellt bekommen. Dann heißt es auf einmal, jetzt seien wir gleich dran. Wir schnappen unsere Kameras, nehmen unsere Stühle mit und folgen Christine. Sie zeigt uns einen Platz vor dem Haus, wo wir uns hinsetzen dürfen. Von hier haben wir einen deutlich besseren Ausblick und sind jetzt mittendrin. Ich darf als erstes „auftreten“ und soll mit einer Gruppe von jungen Männern vorlaufen.

Aufgrund dessen, dass es den gesamten Vormittag geregnet hat, ist der Boden, der nur aus Erde besteht, dementsprechend „vorbereitet“. Wir lauen also langsam über den schlammigen Boden und tanzen zu der Musik. Ich als Weißer mit dabei falle natürlich besonders auf! „Muzungu“ rufen alle, klatschen und jubeln uns zu. Als wir im Entenmarsch bis vor die Zelte gelaufen sind, bleiben wir stehen und bekommen ein paar Fragen gestellt. Ich bekomme das Mikrofon in die Hand gedrückt und darf die Gesellschaft grüßen. Die Moderatoren sprechen weiter und ich verstehe nichts von alledem. Doch wir haben unseren Auftritt wohl gut performt und dürfen wieder abtreten. Während ich mich wieder hinsetzte, kommen mir meine drei Freunde in ihren bunten Gewändern schon entgegen, die dasselbe tun dürfen. Auch sie laufen mit einer großen Gruppe von Frauen durch den Schlamm, tanzen zwischen den vier Zelten und stellen sich vor.

Nachdem diese Zeremonie vorbei ist, kommen die Geschenke. Der Mann hat die Aufgabe, der Familie seiner zukünftigen Frau möglichst viele Geschenke zu übergeben. Somit werden viele Kisten, ein Fernseher, ein Reiskoffer, ein paar Hühner, ein Korb mit Softdrinks, eine Torte und zwei Bananenstauden auf den Platz getragen. Nachdem alle Geschenke überreicht, gründlich angeschaut und die lebendigen Hühner aus der Kiste „ausgepackt“ wurden, kommen noch weiter Beiträge. Einige Tanzgruppen performen etwas und tanzen zu der lauten Musik, die so oder so die ganze Zeit „im Hintergrund“ läuft.
Nach gut fünf Stunden Zeremonie findet das Fest langsam ein Ende. Wir sind erschöpft von den vielen Eindrücken und begeben uns auf den Rückweg. Wir unterhalten uns im Auto über die interessante Kultur und sind stolz, einmal eine „Introduction“ in Uganda miterlebt zu haben.
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